Die nachfolgend geschilderte Methodik ist weder neu noch eine Erfindung unserer Kanzlei. Sie ist die kaufmännisch logische Konsequenz aus der Erkenntnis über das Wesen von Versicherungen und das Ergebnis der Anwendung wissenschaftlicher Prinzipien. Sie gilt vom Grundsatz her für kleine und mittelständische Unternehmen, Konzerne und Körperschaften wie auch für Verbraucher und Private Haushalte, für letztere natürlich nicht unbedingt in der dargestellten Tiefe.
Aufgrund des mitunter erheblichen Aufwands dieser Methodik ist im Vorfeld anhand einer Erfolgsprognose zu prüfen und abzuwägen, welche Ergebnisse erwartet werden können und mit welcher Genauigkeit angesichts dessen vorgegangen werden soll.
1. Risiken identifizieren:
In einem Brainstorming werden die Risiken erfasst, welche eine Bedrohung darstellen (könnten).
Die Ermittlung erfolgt in einer Gliederung nach Haftungsrisiken, Ausfallrisiken und Eigentumsrisiken. Nach dem Grundsatz „Vollständigkeit geht vor Genauigkeit“ wird hierbei (völlig wertungsfrei) eine Vielzahl denkbarer (und somit auch untypischer) Risiken zusammengetragen.
2. Risiken bewerten:
Alle Risiken werden nun in zwei Stufen bewertet.
Zunächst wird für jedes Risiko das Schadenspotential ermittelt. Die Angabe erfolgt regelmäßig in Euro. In diffizilen Angelegenheiten empfiehlt sich eine weitere Untergliederung in typischerweise zu erwartender und größter anzunehmender Schaden.
Anschließend wird die jeweile Eintrittswahrscheinlichkeit ermittelt. Dies erfolgt überwiegend mittels eines Ordinalskalensystems, wie zum Beispiel „absolut wahrscheinlich“, „sehr wahrscheinlich“, „eher wahrscheinlich“, „eher unwahrscheinlich“, „sehr unwahrscheinlich“, „absolut unwahrscheinlich“.
3. Risiken klassifizieren:
Anhand der vorgenommenen Bewertung der Risiken, insbesondere aufgrund des ermittelten Schadenspotentials, kann nun die Einordnung in bestimmte Risikoklassen vorgenommen werden.
Bewährt hat sich die Anwendung folgender Klassifizierung:
Risikoklasse 1 Farbklasse Rot Bedrohung: existenziell |
Existenzvernichtung Aufgabe Geschäftstätigkeit (auch Berufstätigkeit) Sanierung (Rehabilitation) unmöglich |
Risikoklasse 2 Farbklasse Orange Bedrohung: erheblich |
Erheblicher Verlust jedoch ohne Existenzvernichtung lang anhaltende Unterbrechung aufwendige Sanierung erforderlich |
Risikoklasse 3 Farbklasse Gelb Bedrohung: deutlich/normal |
Deutlicher, spürbarer Verlust vorrübergehende Unterbrechung Sanierung nicht (besonders) aufwendig, aber erforderlich |
Risikoklasse 4 Farbklasse Grün Bedrohung: kaum/gering |
Unerheblicher Verlust keine oder kurzzeitige Unterbrechung Sanierung nicht unmittelbar erforderlich |
Risikoklasse 5 Farbklasse Blau Bedrohung: keine |
Unbedeutender oder kein Verlust keine Unterbrechung keine oder nur unbedeutende Sanierung erforderlich |
Nunmehr ist unbedingt festzulegen, welches Ziel verfolgt wird – also welche Risikoklasse durch spätere Maßnahmen erreicht werden soll, zum Beispiel durch die Festlegung, dass bestimmte ausgewählte (oder auch alle) Risiken mindestens bis zur Risikoklasse 3 (gelb) und alle übrigen bis zur Risikoklasse 4 (grün) minimiert werden sollen.
Bedenken Sie bitte, dass es praktisch unmöglich ist, alle Risiken auf ein gering bedrohliches Maß zu minimieren oder gar zu eliminieren. Nach dem Pareto-Prinzip (80:20-Regel) erfordern die ersten 80% Schutz lediglich 20% der Ressourcen, während für die verbleibenden 20% mehr Schutz die kompletten restlichen 80% aller verfügbaren Ressourcen aufgewendet werden müssten. Insofern birgt bereits die Wahl der entsprechenden Parameter ein eigenes Risiko. Allerdings ist der Umgang mit bestehenden Risiken erheblich einfacher, wenn man sich dieser bewusst ist.
4. Risiken minimieren:
In der Reihenfolge der vorgenommenen Klassifizierung (von 1 absteigend) und innerhalb der Klassen nach der Eintrittswahrscheinlichkeit (von „absolut wahrscheinlich“ absteigend) werden nun (natürlich nur soweit dies erforderlich ist) für alle erfassten, bewerteten und klassifizierten Risiken die Möglichkeiten des Umgangs mit dem jeweiligen Risiko (Präventionsmaßnahmen) ermittelt.
Als Präventionsmaßnahmen könnten zum Beispiel in Frage kommen die Risikosensibilisierung (Aufklärung der Mitarbeiter, Dienstanweisungen, Kontrolle etc.), vertragliche Vereinbarungen (Haftungsminimierungen, Haftungsausschlüsse etc.), bauliche Maßnahmen (Gitter, Tresore, EMA, BMA, Löschanlagen etc.), Fremdleistungen (Wartungs- und Garantieverträge, Wachschutz etc.), Bildung von Rücklagen für tragbare oder nicht minderbare Risiken (Finanzielle Rücklagen, Arbeitszeitkonten, Optionen etc.), Bildung von Risikopools (Kooperationen, gegenseitige Unterstützungsverträge, Modell KSA etc.) oder auch der Abschluss von Versicherungsverträgen.
Nunmehr ist für jede erfasste Präventionsmaßnahme deren Effizienz zu ermitteln, sprich der erforderliche Aufwand an Ressourcen in einer einheitlichen Basis (regelmäßig in Euro) sowie die Auswirkung der Maßnahme auf das jeweilige Risiko (Verringerung von Schadenspotential und Eintrittswahrscheinlichkeit sowie die Änderung der Klassifizierung). Als Ergebnis erhält man zu jeder Maßnahme das Kosten-Nutzen-Verhältnis, also die Kosten im Verhältnis zur Risikoklassendifferenz.
Anhand dieser ermittelten Kennzahl kann man nun erkennen, welche Maßnahmen überhaupt (ggf. in Kombination) die jeweilige Risikoklasse bis zum gesetzten Ziel senken können und welche dieser Maßnahmen am effizientesten ist, sprich den niedrigsten Aufwand zur Zielerreichung erfordert.
Nur dann, wenn der Abschluss eines Versicherungsvertrages sich als wirkungsvolle und gleichzeitig effizienteste aller Präventionsmaßnahmen herausstellt, ist hiervon Gebrauch zu machen. In allen anderen Fällen – also wenn selbst ein Versicherungsvertrag das jeweilige Risiko nicht wirkungsvoll zu minimieren vermag oder eine andere Maßnahme mit geringerem Aufwand zu demselben oder einem besseren Ergebnis führt, ist von einer Versicherung des jeweiligen Risikos abzusehen.
5. Risiken kontrollieren:
Selbstverständlich ist es mit einer einmal getroffenen Entscheidung zum Umgang mit einem Risiko allein nicht getan. Die ermittelten Risiken sind fortlaufend zu überwachsen und ggf. zu ergänzen, erhobene Daten dauerhaft zu pflegen, Veränderungen der Risiko- und der Schadenssituation zu erfassen und die Strategie nach den eben erörterten Grundsätzen anzupassen.