Glaubt man den Verkaufsgesprächen der Vermittler und den bunten Flyern der Gesellschaften, so hat man mit dem Abschluss seiner Police alles richtig gemacht und wiegt sich in Sicherheit.
Dass dies fatale Folgen haben kann, zeigt ein aktueller Fall in der Kanzlei:
Was war geschehen?
Für eine Arztpraxis war eine Praxisausfallversicherung gesucht. Sollte also die behandelnde Ärztin krankheitsbedingt ausfallen, so sollte der Versicherer die laufenden Kosten – sprich Miete, Personal usw. – übernehmen.
Auf die Anfrage hin gab es der Reihe nach Ablehnungen und nur sehr wenig Resonanz. Diese wenige hatte es aber in sich:
Die Basler Versicherung lieferte einen Flyer mit dem Namen „Leistungs-/Mitbewerberübersicht“. Es wurden fünf Gesellschaften dargestellt, mit ihren verschiedenen Eigenschaften. Da an einigen Stellen auch ehrlicherweise die Vorteile der Mitbewerber dargestellt wurden, machte die Auswertung einen seriösen Eindruck. Die Angabe jedoch, dass ausschließlich die Basler „Burnout“ mitversichere, machte mich skeptisch – hatte ich doch zuvor das Bedingungswerk eines anderen Anbieters (der Mannheimer) geprüft und keinen derartigen Ausschluss feststellen können.
Berechtigte Zweifel?
Ich prüfte erneut das Bedingungswerk des Mitbewerbers und siehe da – nirgends war ein Ausschluss für Burnout zu finden, die Aussage der Basler auf dem Flyer war falsch! Die Grund genug, hier einmal tiefer zu bohren.
Bei einem Blick in die Ausschlüsse war ich ehrlich gesagt schockiert. Die auf den ersten Blick gute Vorsorge entpuppte sich zu einer Mogelpackung, welche den gewünschten Zweck – die Absicherung einer Praxis verfehlt.
Katastrophale Leistungs-Ausschlüsse
Ausdrücklich ausgeschlossen sind zum Beispiel Kriegsereignisse. Grundsätzlich ist das nachvollziehbar und auch üblich, allerdings schließen die meisten Versicherer das so genannte passive Kriegsrisiko (also das überraschende Ausbrechen eines Krieges ohne aktive Beteiligung) wieder ein – jedoch nicht die Basler.
Auch ausgeschlossen sind Folgen von Alkohol- und Suchtmittelgenuss sowie zusätzlich auch Drogen-, Arznei oder sonstige Abhängigkeiten. Sollte man also nach dem Genuss zweier Gläser Wein auf dem Weg vom Nachbarn nach Hause stolpern und sich das Bein brechen, muss man damit rechnen, dass die Basler hier den Alkoholgenuss als Grund einredet und man sich vermutlich nur vor Gericht dagegen wehren kann.
Besonders schockierend ist der Ausschluss von psychischen Erkrankungen, welche nicht unfallbedingt und hirnorganisch sind – und zwar jeglicher und aller Art ohne weitere Differenzierung. Erleidet die Ärztin als Angehörige oder gar Beteiligte eines Attentates oder Flugzeugabsturzes einen Schock mit anschließender posttraumatischer Belastungsstörung, ist der Versicherer leistungsfrei. Da ist es geradezu als Hohn anzusehen, wenn im Flyer angegeben ist, dass man Burnout hinzuversichern kann; zumal sich der Versicherer einerseits im Kleingedruckten im Falle eines Burnout-Syndroms ein dreimonatiges besonderes Kündigungsrecht vorbehält und andererseits ausdrücklich nur das Burnout-Syndrom versichert ist, während Depressionen völlig außen vor sind.
Im Lichte dessen erscheint es fast schon hinnehmbar, dass Personenschäden aufgrund von „kosmetischen Behandlungen und Operationen“ ausgeschlossen sind. Auch wenn hier nicht die Rede von kosmetischen Operationen ist und de facto auch befürchtet werden könnte, dass im Falle einer missglückten Operation der Versicherer nicht zahlt, könnte man wohl annehmen, dass ausschließlich kosmetische Operationen gemeint sind. Doch auch die Wiederherstellung bestimmter Körperteile nach einem Unfall dürfte die Basler hier wohl schnell als kosmetische Operation einordnen. Und wenn es dabei zu einem Kunstfehler oder denkbaren Komplikationen kommt, steht der Versicherte im Regen.
Mein Rat an Sie:
Egal, wie toll ein Prospekt ausschaut, völlig gleich, wie lange Sie Ihren Vermittler schon kennen, ob er Ihr Nachbar, Vereinskumpel oder gar Familienangehöriger ist, lesen Sie sich wenigstens durch, was in Ihrem Vertrag ausgeschlossen ist; am Besten vor dem Abschluss, aber auch danach – wenn die Verträge schon laufen – ergibt dies immer noch Sinn.
Denn wenn Sie plötzlich von unverständlichem Versicherungsdeutsch überrascht sind oder gar einen Ausschluss vollständig verstehen, bleibt Ihnen so wenigstens noch Zeit, um zu reagieren und vorzubeugen, bevor es doch eines Tages kracht und Sie merken, dass es sich bei Ihrer Vorstellung einer umfassenden Absicherung um ein Luftschloss handelt.
Wo Sie Unterstützung finden:
Bei der Prüfung von Versicherungsbedingungen stehen Ihnen die Verbraucherzentralen, spezialisierte Rechtsanwälte und die gerade einmal 288 in Deutschland zugelassenen Versicherungsberater (Stand 31.03.2015, DIHK) zur Verfügung. Einen Versicherungsberater in Ihrer Nähe finden Sie unter:
http://www.bvvb.de/BeraterSuche.aspx?map=1
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