Versicherung bedeutet Vertrauen? Falsch!

Es gehört zu den „Ur-Floskeln“ der Versicherungswirtschaft, sich bei einem neuen Kunden für das entgegengebrachte Vertrauen zu bedanken. Dabei wissen es die Versicherer selbst doch am Besten, warum ihnen nicht zu trauen ist: Denn Versicherung bedeutet Kalkül!

Versicherungen sollte man nicht vertrauen, jedenfalls nicht als Einzelner, der sich absichern möchte. Denn die Aufgabe des Versicherers ist es, die Interessen der Versichertengemeinschaft zu wahren, nicht die Interessen eines Individuums innerhalb des Kollektivs.

Versicherungen haben zwar die Aufgabe, Einzelrisiken zu tragen. Doch da diese Einzelrisiken auf Kosten der gesamten Versicherungsgemeinschaft finanziert werden, stehen im Schadensfall praktisch immer alle gegen einen. Der eine will seinen Schaden ersetzt haben. Alle anderen wollen hierfür aber nur in der Höhe aufkommen, wie dies vertraglich vereinbart war. Der Versicherer hat die Aufgabe, diese widerstreitenden Interessen auszugleichen.

Und da er den einzelnen nicht zu Lasten aller bevorteilen darf, muss er zwangsläufig mit spitzem Bleistift rechnen und alle Ausgaben vermeiden, welche nicht unbedingt sein müssen. Es ist seine grundsätzliche und bestimmungsgemäße Aufgabe, bloß nicht zu viel auszuzahlen, denn dieses „zu viel“ müsste die Gemeinschaft tragen, was wiederum zu (unnötig) höheren Beiträgen führen würde.

Für den Einzelnen wiederum ist es beschwerlich, zu seinem Recht zu kommen. Denn wenn der Versicherer nur zahlen muss, wozu er verpflichtet ist, dann bedeutet dies unweigerlich, dass er auch nur so viel zahlen wird, wie im Falle eines Rechtsstreites zu zahlen wäre, also genau das, was der Versicherungsnehmer als eigenen Anspruch geltend macht und beweisen kann.

Nun mag der schlaue Bauer auf die Idee kommen, dass dies so nicht stimme, denn schließlich hat er beim letzten Gewitter von seinem A.-Vertreter ohne weitere Prüfung einen Scheck für den defekten Fernseher bekommen und auch den Riss in der Frontscheibe hat der Versicherer anstandslos reparieren lassen. Wer nun aber glaubt, dies begründe Vertrauen, der irrt:

Es ist für den Versicherer (und somit für die Versichertengemeinschaft) schlicht günstiger, wenn Kleinschäden sofort bezahlt werden. Denn würde sich der Versicherer verklagen lassen, bestünde ein zu großes Risiko auf verlorene Prozesse, zudem auf den Verlust der Kundenbeziehung und somit auf eine Abwanderung vom Kollektiv. Mit Vertrauenswürdigkeit hat das überhaupt nichts zu tun – es ist einfach nur reines Kalkül. Doch für Otto, den Normalverbraucher fühlt es sich so an, als könne er seinem Versicherer und dem netten Vertreter vertrauen…

Wenn auch Sie bisher glaub(t)en, sie könn(t)en Ihrem Versicherer vertrauen, dann dürfte es an der Zeit sein, sich eine Zweitmeinung einzuholen. Dabei sollten Sie sich am Besten von jemandem beraten lassen, der neutral und unabhängig ist und nicht von der Versicherungswirtschaft für den Abschluss oder die Betreuung eines Versicherungsvertrages bezahlt wird – nämlich von den örtlichen Verbraucherzentralen, spezialisierten Rechtsanwälten oder einem der gerade einmal 331 in Deutschland zugelassenen Versicherungsberaterinnen und Versicherungsberater (Stand 30.09.2020, DIHK). Versicherungsberater finden Sie – auch in Ihrer Nähe – unter: BVVB-Beratersuche

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