Münchener Verein Kfz mit unwirksamer Klausel?

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Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in seinen Musterbedingungen verwendet auch der Münchener Verein eine tief im Kleingedruckten versteckte Klausel, welche die vertraglich vereinbarten Leistungen massiv einschränkt:

Unter E.2.7 steht geschrieben: „Verletzen Sie in der Kfz-Haftpflichtversicherung Ihre Pflichten nach E.1.1 und E.1.2 gelten anstelle der vereinbarten Versicherungssummen die in Deutschland geltenden Mindestversicherungssummen.“

Hat man also zum Beispiel 100 Millionen Euro Versicherungssumme pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden vereinbart und zahlt auch den dafür entsprechenden höheren Beitrag, so kürzt sich diese Leistungspflicht gem. Anlage zu § 4 Abs. 2 PflVG auf bis zu (lediglich noch) 50.000 Euro für Vermögensschäden, also auf bis zu 0,05% der eigentlich vereinbarten Versicherungssumme.

Um diese massive Kürzung verstehen zu können und die entsprechenden Fälle zu kennen, muss man nun natürlich auch mal in die Bestimmungen zu E.1.1 und E.1.2 schauen:

Darin sind geregelt einerseits die Pflichten bei allen Versicherungsarten (E.1.1) und andererseits zusätzliche Pflichten in der Kfz-Haftpflichtversicherung (E.1.2). Festgehalten sind hier vor allem Anzeige- und Aufklärungspflichten. Zum Beispiel muss man innerhalb einer Woche einen Schadensfall anzeigen, welcher zu einer Leistungspflicht führen kann. Auch muss man innerhalb einer Woche dem Versicherer anzeigen, wenn Ansprüche gegen einen selbst geltend gemacht wurden. Unverzüglich muss sogar eine Meldung erfolgen, wenn die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder eine andere Behörde Ermittlungen aufnehmen.

Hat nun der Versicherungsnehmer einen Unfall und liegt im Koma, kann er keine dieser Pflichten wahrnehmen. Auf sein Verschulden selbst oder die Schwere dessen wird jedoch nicht abgestellt. Hier ist ein „alles-oder-nichts-Prinzip“ festgelegt: wenn Pflicht verletzt, dann Leistungskürzung.

Dies stellt meines Erachtens eine unangemessene Benachteiligung dar. Denn wenn ich extra einen Mehrbeitrag zahle, um im Ernstfall bis zu 100 Millionen Euro versichert zu haben, dann kann es nicht sein, dass eine derartige Kleinigkeit, wie eine verspätete Meldung selbst dann bereits zu einer so massiven Kürzung führt, wenn ich noch nicht einmal etwas dafür kann. Von daher halte ich diese Klausel insgesamt und generell für unwirksam. Wenn also der Versicherer einredete, er müsste den Millionenschaden nicht bezahlen, weil eine Pflicht verletzt wurde, so würde dies eine unrechtmäßige Verweigerung darstellen und man muss sich dies nicht gefallen lassen.

Nun ist es aber eine Art Zwei-Fronten-Krieg, wenn ich im Schadensfall auch noch Stress mit meinem eigenen Versicherer habe. Deshalb ist es ratsam, bereits vorher für Klarheit zu sorgen. Also habe ich den Münchener Verein aufgefordert zu erklären, dass er sich auf diese Klausel nicht berufen wird. Die Antwort aus München war eindeutig:

Es ist unzutreffend, dass wir unter […] E.2.7 die vertraglich vereinbarte Summe von pauschal 100 Mio. auf bis zu Iediglich 50.000 EUR heruntersetzen. Soweit die Voraussetzungen für die Beschränkung der Leistungsfreiheit in der Kfz-Haftpflichtversicherung […] vorIiegen, reduziert sich die Vertragssumme auf die in Deutschland geltende Mindestversicherungssumme. Diese ergibt sich aus der Anlage zu § 4 Abs. 2 PflVG und beträgt je Schadenfall […] für die weder mittelbar noch unmitteibar mit einem Personen- oder Sachschaden zusammenhängen‐ den Vermögensschäden (reine Vermögensschäden) 50.000 EUR.

An dieser Stelle weist der Versicherer meine Feststellung zuerst einmal zurück und bestätigt sie anschließend gleichwohl dennoch. Vermutlich kann man in München dem anderen nicht einfach mal Recht geben…?

Der folgende Satz aber setzt dem Ganzen die Krone auf:

Diese Beschränkung ist auch nicht unzulässig, da sie auch durch § 117 Abs. 3 S. 1 VVG ermöglicht wird.

Zum Verständnis – § 117 Abs. 3 VVG beschränkt die Leistungspflicht eines Versicherers gegenüber Dritten für den Fall, dass der Versicherer dem Fahrer gegenüber von der Leistung frei ist, zum Beispiel wenn der Fahrer betrunken einen Unfall verursacht hat. Auf meinen Einwand hin, dass das eine (die Kürzung nach E.2.7) mit dem anderen (§ 117 VVG) überhaupt nichts zu tun hat, kommt prompt eine noch deutlichere Antwort:

§ 117 Abs. 3 VVG ist bewusst so gefasst und hier maßgeblich. Wir sehe keinen direkten Widerspruch zu § 28 Abs. 2 VVG . Die Beschränkung auf die Mindestversicherungssummen widerspricht nicht, jedenfalls nicht unmittelbar § 28 VVG. Beim Verweis auf die Mindestversicherungssummen liegt eine Leistungskürzung vor, die nach § 28 VVG nicht ausgeschlossen ist.

Nach diesen Zeilen erinnerte ich mich an eine meiner ersten Lektion im Versicherungsgewerbe: Du musst immer souverän auftreten, auch bei völliger Plan- und Ahnungslosigkeit!

Abgesehen davon, dass diese Zeilen kaum einen Sinn ergeben, so bestimmt aber der in Bezug genommene Absatz 2 des § 28 VVG schon von selbst, dass (nur) bei grober Fahrlässigkeit der Versicherer seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis kürzen darf. Eine Kürzung von 100 Millionen Euro auf 0,05% davon, also 50.000 Euro wären also – wenn überhaupt – von Gesetzes wegen nur dann zulässig, wenn das Verschulden des Versicherungsnehmers praktisch 99,95% beträgt – also ganz besonders schwerwiegend ist. Liegt der Versicherungsnehmer im Koma, dürfte ihn wohl daran gar keine Schuld treffen. Gleichwohl will der Münchener Verein auch dann massiv kürzen. Ein Einsehen gab es aus München nicht.

Nun, eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses über den Jahreswechsel hinaus werden wir zu verhindern wissen. Und ich kann jedem anderen nur raten, sich genau zu überlegen, ob er mit einer solchen Klausel und einem Versicherer, der daran unbedingt festhalten will, leben kann…

Wenn auch Sie Ihre Kfz-Versicherung beim Münchener Verein unterhalten oder wissen wollen, ob Ihr Kfz-Vertrag (egal bei welchem Anbieter) eine solche oder ähnliche versteckte Klausel enthält, dann sollten sich am Besten von jemandem beraten lassen, der neutral und unabhängig ist und nicht von der Versicherungswirtschaft für den Abschluss oder die Betreuung eines Versicherungsvertrages bezahlt wird – nämlich von den örtlichen Verbraucherzentralen, spezialisierten Rechtsanwälten oder einem der gerade einmal 337 in Deutschland zugelassenen Versicherungsberaterinnen und Versicherungsberater (Stand 01.07.2019, DIHK). Diese finden Sie – auch in Ihrer Nähe – unter:

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